Antrag auf Pflegeleistung: eine Guideline

Hamburg (red). Knapp 4 Millionen Menschen in Deutschland gelten laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2022 als pflegebedürftig. Im Regelfall sind hochbetagte Menschen betroffen, die mit zunehmendem Alter an Selbstständigkeit und Mobilität einbüßen oder deren Erkrankungen die Alleinversorgung massiv erschweren. Deren Angehörige wachsen Schritt für Schritt in die Rolle der pflegenden Familienmitglieder. Leiden jedoch Menschen jüngerer Altersgruppen unter lebensverändernden Erkrankungen, trifft das nächste Angehörige wie ein harter Schlag. Wann Betroffene einen Pflegegrad erhalten und welche Hilfen oder Rechte ihnen zustehen, wissen die meisten nicht. Felix Brosius, Geschäftsführer der PflegeWelt GmbH, hält Ratschläge und Tipps für die Antragsstellung bereit.

 

Wer hat ein Anrecht auf Pflegeleistungen?
Ein Anrecht auf Pflegeleistung hat nur, wer als „pflegebedürftig“ gilt. Was genau bedeutet das? Pflegebedürftige Personen beeinträchtigt eine körperliche, geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung. Die Einschränkungen führen dazu, dass sie mindestens sechs Monate in den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung in erheblichem oder höherem Maße Hilfe brauchen. Eine weitere Voraussetzung stellt die Mitgliedschaft in einer Pflegekasse dar. Eng an Krankenkassen gekoppelt, deckt die Pflegepflichtversicherung die Leistungen in der Regel ab. Bei minderjährigen Pflegebedürftigen genügt die Familienversicherung.

 

Antrag auf Pflegeleistung: Worauf gilt es zu achten?
Plötzliche Pflegefälle überfordern Familienmitglieder. Der bürokratische Akt des Beantragens kostet Zeit und Nerven – mit Blick auf die emotionale Ausnahmesituation der Betroffenen und Angehörigen ein schierer Kraftakt. Der Weg hin zur Pflegeleistung für pflegende Angehörige geht nicht, wie von vielen vermutet, zur Krankenkasse, sondern zur dazugehörigen Pflegekasse. Folgende Punkte machen sich Antragstellende vor Beginn des Prozesses klar:

 

  • Recht auf Beratung: Nach Antragsstellung verpflichten Pflegekassen sich, den Betreffenden einen Termin beim Pflegeberater zu organisieren – dieser kommt auf Wunsch auch ins eigene zu Hause.  Allen Antragsstellenden steht eine solche Pflegeberatung rechtlich zu. Die Kosten hierfür übernimmt vollständig die Pflegekasse.

 

  • Fristen: Der Bedarf an Leistung eilt insbesondere bei schweren Krankheitsfällen. So müssen sich auch Pflegekassen an Fristen halten. Die Dauer, um über den Antrag zu entscheiden, beträgt maximal fünf Wochen. Sollten Pflegekassen diesen Zeitpunkt versäumen, stehen Antragsstellenden 70 Euro für jede begonnene Woche seit Fristüberschreitung zu.

 

  • Beginn der Leistung: Ob monetäre Zuschüsse zur Wohnraumanpassung, medizinische Pflege-Hilfsmittel oder Pflegegeld – je nach festgestelltem Pflegegrad stehen Betroffenen individuell auf ihre Bedürfnisse angepasste Leistungen zu. Nach Genehmigung erhalten die pflegebedürftigen Menschen ab sofort und rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Antragstellung die ihnen zustehenden Mittel.

 

  • Änderung der Bedürfnisse: Liegt bereits ein Pflegegrad vor, doch die Pflegesituation ändert sich, kann ein höherer Pflegegrad beantragt werden. Der Antrag für einen solchen Fall lässt sich meist im Antragsformular neben der Option „Erstantrag“ finden.

 

  • Widerspruch einlegen: Lehnen Pflegekassen den gestellten Antrag ab, oder der erteilte Grad erscheint gemessen an den jeweiligen Bedürfnissen zu gering, können Antragsstellende innerhalb von 30 Tagen schriftlich Widerspruch einlegen.

 

Und jetzt?
Nach Bearbeitung des Antrags stellt eine Begutachtung den Grad der Pflegebedürftigkeit sowie die Art der notwendigen Pflegemittel fest. Für diesen Termin steht gute Vorbereitung an vorderster Stelle: Betroffene kümmern sich vorab sorgfältig um die erforderlichen Dokumente, wie Krankenversichertenkarte, Aufstellung aktueller Erkrankungen oder Vorerkrankungen. Ein Begutachtungstermin dauert meist nur wenige Stunden. Da diese selten ausreichen, um sich ein umfassendes Bild über die tatsächliche Pflegesituation zu machen, empfiehlt es sich, ein gut geführtes Pflegetagebuch bereitzuhalten. Darin notieren Antragsstellende im Zeitraum von 1-2 Wochen alle Maßnahmen minutengenau. Wer nach Vorlagen für Pflegetagebücher sucht, findet diese online oder direkt bei den Pflegekassen. Sie helfen nicht nur dabei, passende Hilfsmittel zu bestimmen, sondern beschleunigen den Genehmigungsprozess beim Antrag des Pflegegrads immens.

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