Bürgerpark als Forschungsobjekt

Schweinfurt plant eine Landesgartenschau Foto: Marcus Schlaf, 09.08.2022

Schweinfurt (red).  Wie die Landesgartenschau GmbH mitteilt, sei eine Landesgartenschau immer nachhaltig, denn sie schaffe dauerhaft bestehende Grünflächen. Die Landesgartenschau Schweinfurt geht demnach sogar noch einen wesentlichen Schritt weiter: Sie nimmt als Pilotprojekt am Forschungsprojekt „Bewertungssystem Nachhaltige Freianlagen (BNF)“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) teil. Das bedeutet, dass der Bau des Bürgerparks schon in der Planungsphase auf Nachhaltigkeit geprüft und bewertet wird.

Erst wenige Landschaftsarchitekturbüros verfügen laut dieser Pressemitteilung über das notwendige Know-how, eine Nachhaltigkeitszertifizierungen zu begleiten. Das Büro Planorama Landschaftsarchitektur (Berlin), das den Bürgerpark für die Landesgartenschau entworfen hat, kann die Testbewertung gemeinsam mit dem Forschungsteam durchführen, da die Projektleiterin für Schweinfurt und assoziierte Partnerin von Planorama, Katja Erke, auch zertifizierte Koordinatorin ist. Bis Sommer 2023 soll das Forschungsprojekt abgeschlossen sein, so die aktuelle Planung.

Planorama folgt damit der Auffassung, dass Landschaftsarchitekten in ihrem eigenen Interesse nicht nur erklären, dass sie nachhaltig planen und handeln, sondern dies mithilfe prüfbarer Kriterien auch nachweisen. Katja Erke nimmt also ihre eigene Planung kritisch Punkt für Punkt unter die Lupe, immer unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. „Dabei geht es um zahlreiche detaillierte Teilkriterien, die in fünf Hauptgruppen gegliedert sind. Und natürlich werden meine Ergebnisse genau dokumentiert und von einem externen Auditor geprüft“, so Katja Erke.

Sollte es Punkte geben, wo im Sinne der Nachhaltigkeit die Planung verbessert werden kann, wird dies mit der Bauherrenschaft, also mit der Landesgartenschau Schweinfurt 2026 GmbH, abgestimmt. Sinn der Bewertung ist auch, bereits von Beginn an, gemeinsam alle Aspekte zu besprechen.

Die Nachhaltigkeit einer Freianlage wird insbesondere durch integrale Planungs- und Prozessschritte unter Betrachtung sozialer, ökonomischer, ökologischer und technischer Qualitäten über den gesamten Lebenszyklus einer Freianlage erreicht. Und worum geht es genau? „Wir sind jetzt in der Phase der Vorplanung und von Anfang an spielt die Nachhaltigkeit eine Rolle. Da geht es unter anderem um darum, konkrete Fragen zu stellen: Wie hoch ist der Anteil der versiegelten Flächen? Wieviel kann entsiegelt werden? Wie viele Bestandsbäume können im Rahmen der Planung direkt am Standort

erhalten oder verpflanzt werden? Wie viele neue Bäume werden gepflanzt?“ Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels legen die Planer*innen großen Wert auf Resilienz bei der Auswahl der Bäume. Erke: „Gerne bevorzugen wir natürlich heimische Baumarten wie Speierling und Ahorn, aber manchmal ist eine amerikanische Esche oder eine italienische Eiche besser gegen auftretende Krankheiten oder für den doch sehr trockenen Standort hier in Schweinfurt geeignet, und lebensfähiger. Hierzu gibt es enge Abstimmungen mit dem Naturschutz und dem Grünflächenamt.“

Insgesamt werden bei der Bewertung Planung und Bau unter dem Aspekt betrachtet: Was kostet der Lebenszyklus des Parks, was kostet der Unterhalt, wie sieht der Park in 50 Jahren aus. Ökologie und Ökonomie werden hier gleichermaßen bewertet. „Dabei kommt es auch auf die Qualität des Materials an, das wir verwenden. Holz kommt nur aus zertifizierten nachhaltigen Betrieben, und wir verwenden so gut es geht Recyclingmaterial“, so die Landschaftsarchitektin. Auf dem Gelände der ehemaligen Ledward Barracks fällt durch die großflächige Entsiegelung vor allem im Bereich hinter der Panzerhalle eine Menge Material an, das sehr gut wiederverwertet werden kann, und zwar innerhalb des Geländes. „Der Beton wird beispielsweise verbaut in Mauern und Treppenstufen oder wird für die Tragschicht der Wege verwendet. Dafür wird direkt auf dem Gelände geschreddert.“

Aber Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Thema bei der Materialauswahl. „Der vergangene trockene Sommer zeigt uns, wie wichtig der sorgsame Umgang mit Wasser ist“, so Erke. Daher wird im künftigen Bürgerpark unter anderem das Regenwasser aufgefangen und genutzt, genauso wie das Nutzwasser aus der Kläranalage, das zur Bewässerung hergenommen wird. „Da wird nichts vom Trinkwasser abgezwackt und wir werden auch bei Starkregen keine Probleme bekommen.“

Der Geschäftsführer der Landesgartenschau Schweinfurt 2026 GmbH, Martin Richter-Liebald freut sich über die Teilnahme am Pilotprojekt: „Gut geplante öffentliche Freiflächen erhöhen nicht nur die Lebensqualität in der Stadt. Sie leisten auch einen volkswirtschaftlich durchaus messbaren Beitrag. Deshalb sind wir stolz darauf, dass die Landesgartenschau Schweinfurt mit dem Bürgerpark für dieses Pilotprojekt ausgewählt wurde. Wir sehen darin eine große Chance, bei künftigen Bayerischen Landesgartenschauen dieses Bewertungssystem anzuwenden, um einen Beitrag zu noch mehr Nachhaltigkeit als ohnehin schon zu leisten.“

Der Bürgerpark Schweinfurt wurde als eines von fünf Pilotprojekt des DBU ausgewählt, weil er durch die Planungsansätze und Grundlagen besonders geeignet ist: klare Systemgrenze, Konversion als Bezugsrahmen, ambitioniertes nachhaltiges Planungskonzept, Erhalt der Bestandsbäume, Integration der vorhandenen Panzerhalle, Neuanlage eines Waldparks, Spiel- und Sportplätze, Neuanlage von großen Gehölz- und Wiesenflächen. Ziel des Forschungsprojektes ist die Erarbeitung eines neuen Bewertungssystems mit einem entsprechenden Kriterienkatalog, der künftig beim Bau von Freianlagen angewandt werden soll. Die Bewertung berücksichtigt im Wesentlichen die folgenden Kriterien: Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle Aspekte, Funktionalität, Technik, Prozess, Standort.

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