Corona in der Praxis Schicksale sind mehr als Inzidenzwerte: Franz Josef Bergmüller, Gastronom

Franz Josef Bergmüller hat im vergangenen Jahr den Familienbetrieb übernommen. Für unsere Reihen „Schicksale sind mehr als Inzidenzwerte“ berichtet der Gastronom von seinen beruflichen und privaten Erfahrungen in der Coronakrise:

„Mein Name ist Franz Josef Bergmüller. Im März 2020 habe ich mit meinem Bruder Daniel unseren Familienbetrieb, den Wirt vo Laus übernommen. Im Januar 2020 haben wir Renovierungsarbeiten gestartet und bis Mitte März unsere komplette Küche und unseren Gastraum neu gestaltet.

Am 20.März wollten wir mit einer Küchenparty die Neueröffnung mit der „jungen Generation“ feiern. Nach dem 1. Lockdown haben wir dann endlich zum Vatertag im Mai unseren Biergarten aufgesperrt. Der ganze Effekt des neues Gastraums und der neuen offenen Küche ging dadurch natürlich verloren. Jedoch war die Zeit bis zum 2. Lockdown absolut erfolgreich. Wir hatten ein tolles Geschäft. Unsere Hygienemaßnahmen haben funktioniert. Auch wir haben nicht einen Anruf vom Gesundheitsamt bekommen.

Bei mir persönlich hatte die Corona-Pandemie nicht nur geschäftlich Auswirkungen, sondern auch privat. Meine Frau kommt aus Mexiko und wollte eigentlich im Februar 2020 zu mir nach Deutschland ziehen. Aufgrund der Pandemie konnte sie jedoch nicht einreisen. Es was ein langes hin und her, Telefonate mit der Bundespolizei und dem Landratsamt, um eine Lösung zu finden. Letztendlich hat es bis zum 4. August gedauert, dass meine Frau einreisen konnte. Bis dahin hatten wir uns über 6 Monate nicht mehr gesehen, was wirklich eine große Belastung für uns war. Jedoch war und ist unsere Beziehung/Liebe stark genug gewesen, um das zu überstehen. Danach wussten wir, wenn wir so eine Situation gemeinsam meistern, können wir alles zusammen durchstehen und haben dann im September  2020 geheiratet.

Nun haben wir seit Anfang November 2020 geschlossen und nur für „To go“ Sonntags geöffnet.

Man  fühlt sich derzeit wirklich ein bisschen verloren. Gastronomie ist nicht ein Beruf, den man wählt, um Geld zu verdienen, sondern um seine Leidenschaft zum Beruf zu machen.

Jedoch hat Kochen für mich nichts zu tun, Gästen die Speisen in Boxen zu verpacken und sie damit nach Hause zu schicken, sondern Speisen auf Tellern anzurichten. Ich vermisse meine Gäste sehr, wenn sie kommen, um bei uns abzuschalten und einfach mal das Leben genießen. Mir fehlt der Stress, wenn der Biergarten voll ist. Mir fehlen die Gespräche mit den Gästen, das Feedback von Ihnen, das Lächeln der Kinder, wenn Sie Ihr Eis zum Nachtisch bekommen.

Meiner Meinung nach würde eine Öffnung der Außengastronomie keine negativen Folgen für die Pandemie haben. Man ist draußen, man hat Abstand zwischen den Tischen und wir haben letztes Jahr im Sommer gesehen, dass alles funktioniert hat. Wenn man in den Supermarkt geht, sind deutlich mehr Menschen zusammen und da wird nicht immer der Abstand eingehalten.

Oder bei den öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Situation auch nicht besser. Wir Gastronomen mussten Geld investieren mit Plexiglasscheiben, Desinfektion, Masken usw.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei der Deutschen Bahn oder im Bus jeder Sitz nach Benutzung desinfiziert wird, was in der Gastronomie im Sommer immer der Fall war.

Ich habe kein Verständnis mehr, dass wir nicht öffnen dürfen und finde das eine absolute Frechheit.

Die Abgeordneten haben ja mit der Situation kaum Konfrontation, die müssen nicht schon seit einem Jahr mit Kurzarbeiterlohn auskommen, die bekommen einfach genau den gleichen Lohn wie zuvor….

Mich würde es interessieren, wie die Abgeordneten über all das denken würden, wenn Sie in unserer Situation wären. Definitiv nicht anders, wie wir, da bin ich mir sicher!

Der Lockdown muss endlich beendet werden!!! So kann es nicht weitergehen!!!“

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SAZ-Redakteur

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