Pilotprojekt für moderne Mobilität? Geringes Fahrgastpotenzial der Steigerwaldbahn eröffnet neue Chancen zur Modernisierung des ÖPNV

Seit 2019 wird die Reaktivierung der unteren Steigerwaldbahn Schweinfurt-Kitzingen kontorvers diskutiert. Eine Potentialanalyse der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) hat diese nun in weite Ferne rücken lassen.

Die  Bahnstrecke verlief 1893 zunächst  von Kitzingen bis Gerolzhofen, der zweite Streckenabschnitt bis Schweinfurt wurde dann 1903 eröffnet. Im Zuge des Fortschritts verlor diese Bahn aber immer mehr an Bedeutung. Bereits 1981 wurde der Personenverkehr auf dieser Strecke auf den Regionalbusverkehr umgestellt und auch der Güterverkehr und zuletzt noch Militärtransporte der US-Army endeten 2007. Danach erfolgte die schrittweise Stillegung der Steigerwaldbahn.

zu geringe Fahrgastzahlen

Die Potenzialanalyse der BEG zur Reaktivierung der Steigerwaldbahn und die darin offengelegten Zahlen zeigen, dass für die Reaktivierung einer stillgelegten Eisenbahnstrecke zwischen Schweinfurt und Großlangheim, bei Kitzingen, kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht. Die für eine Reaktivierung erforderlichen Fahrgastzahlen werden demnach bei weitem nicht erreicht.

Im Landratsamt Schweinfurt zeigte man sich verwundert über das Ergebnis, denn die Deutlichkeit, mit der die 1000er-Marke bei den Reisendenkilometern pro Kilometer Streckenlänge angeblich unterschritten werden soll, weiche doch enorm von den Ergebnissen ab, die  Gutachten von Dr. Konrad Schliephake (2016) und der Firma Wallerich Industrietechnik GmbH (2018) ergeben hatten. Beide Analysen bescheinigten der unteren Steigerwaldbahn mindestens im Nordteil der Strecke zwischen Schweinfurt und Gerolzhofen die für eine Reaktivierung erforderlichen Potentiale. Diese doch erheblichen Abweichungen der einzelnen Gutachten zueinander werfen deshalb Fragen auf. Im Landkreis Schweinfurt möchte man deshalb zunächst den weiteren Fortgang des Verfahrens abwarten. Man werde sich deshalb  die Analyse nochmal von einem Sachverständigen der BEG in einem persönlichen Gespräch erklären lassen.

Dies halten die Abgeordneten MdL Gerhard Eck, MdB Dr. Anja Weisgerber und MdL Barbara Becker nicht mehr für nötig, denn sie richten den Blick bereits in die Zukunft, ohne eine Reaktivierung. Sie setzen vielmehr auf ein vom Bundesverkehrsministerium und dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr getragenes Konzept, das auch die Deutsche Bahn und das Schweinfurter Unternehmen ZF unterstützt. Demnach soll hier ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt für einen zeitgemäßen, modernen, flexiblen und ökologischen öffentlichen Personennahverkehr verwirklicht werden.

Es soll ein kombiniertes Verkehrssystem entstehen, bestehend aus einem gut ausgebauten Radweg und zusätzlich, durch einen Grünstreifen und Sicherheitseinrichtungen vom Radweg getrennt, einer Fahrbahn für autonom fahrende Busse, den People-Movern, die von ZF zur Marktreife entwickelt wurden. Diese verrichten bereits erfolgreich auf Flugplätzen und Messegeländen in Europa ihren Dienst. Die People_Mover sind flexibel und vielseitig,  können mit Ökostrom betrieben werden und  sind leise wie ein E-Mobil. Damit vermeiden sie Lärmbelästigung der Anwohner der Verkehrsstrecke. Aus Sicht der CSU Unterfranken bildet die Beteiligung von ZF und Deutscher Bahn an der Verwirklichung dieses Projekts eine ideale Allianz.

Sowohl People-Mover als auch ein gut ausgebauter Radweg ermöglichen es Anliegergemeinden direkt an die Strecke anzubinden und die Innenstädte und damit Arbeitsplätze, Geschäfte und Schulen von Schweinfurt und Kitzingen direkt zu erreichen.

Die CSU Unterfranken möchte zunächst eine Machbarkeitsstudie  erstellen lassen. Für Mitte März wurden bereits alle Anliegergemeinden entlang der Bahnstrecke zu einem Informationsgespräch eingeladen. Es soll das Verkehrsmodell vorgestellt und seine Vorteile für die Anliegergemeinden dargestellt werden. Die Gründung einer Interessens-Gemeinschaft der Anliegergemeinden wird ebenso begrüßt. Mithilfe dieses Instruments sollen die Gemeinden entlang der Strecke, die schon lange die Entwidmung vom Eisenbahnverkehr fordern, ihre Vorstellungen zur Verbesserung des ÖPNV gegenüber Ministerien und den Landkreisen formulieren und durchsetzen.

Die Potentialanalyse der BEG schafft den Freiraum für die Gemeinden, im Rahmen der kommunalen Planungshoheit ihre eigenen planerischen Vorstellungen für das Bahngelände umzusetzen und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Mobilitätskonzept der Zukunft zu entwickeln.

SAZ-Redakteur

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert